Der lange Weg nach Kaliningrad – Die Geschichte der SEDOV

Zu Beginn unseres Jahrhunderts zählte die Firma F. A. Vinnen & Co. in Bremen mit ihren 12 Großseglern zu den größten deutschen Segelschiff-Reedereien. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges hatte sie insgesamt vierzehn Tiefwassersegler in Fahrt. Durch den Krieg und den Versailler Friedensvertrag gingen sie ihr jedoch alle ausnahmslos verloren. Zu Beginn des Jahres 1919 stand die Firma daher vor dem Nichts. Wie alle deutschen Reedereien begann auch sie sofort mit dem Wiederaufbau ihrer Seglerflotte. Die Reederei Vinnen war die einzige, die neue Segelschiffe bauen ließ.

Bereits im April 1919 erhielt die Friedrich Krupp Germaniawerft in Kiel von ihr den Auftrag zum Bau eines neuen Motorsegelschiffes, das der größte Motorsegler der Welt werden sollte.

Es war der Germaniawerft vom Anfang an klar, dass der Einbau eines Hilfsmotors (500 PS U-Bootdiesel) in diese große Viermastbark von großer Notwendigkeit war - obgleich die Reederei dies zunächst nicht beabsichtigte. "Nach langen Verhandlungen mit der Reederei und dem Rechtsausschuß für den Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte wurde der Einbau des Motors in jene Viermastbark dann doch beschlossen."

Die Germaniawerft konnte deshalb im April 1920 das erste große, nach neuzeitlichen Grundsätzen entworfene Motorsegelschiff auf den Kiel legen.

"Das Schiff sollte ein erstklassiger Segler sein. Der Hilfsmotor sollte bei Windstille und beim Anlaufen der Häfen benutzt werden. Außerdem sollte er das Schiff bis zu einer gewissen Windstärke gegen den Wind fortbewegen können. Um auch nur annähernd mit den Dampfern konkurrieren zu können, mussten die Einrichtungen so ausgelegt sein, dass alle Anforderungen, die man damals an Dampfer stellte, möglichst erfüllt werden. Dabei durften die Eigenschaften als Segler nicht vernachlässigt werden."

Die Takelung und mit Ihr die Segelfläche wurden dem zufolge so groß gewählt wie bei reinen Segelschiffen. Sie wurde also nicht, wie es vielerorts geschah, im Hinblick auf das Vorhandensein eines Hilfsmotors verkleinert, um dadurch Gewicht und Arbeitskräfte einzusparen, vielmehr sollte das Schiff bei günstigen Wetterverhältnissen ohne Zuhilfenahme des Motors 12 bis 13 Knoten fahren können. Das gesamte stehende Gut bestand aus erstklassigen Stahlerzeugnissen. So wurden die Masten und leichten Rahen sowie der Besanbaum und die Gaffeln aus nahtlosem Rohr hergestellt, das von dem bekannten Mannesmann-Röhrenwerken in Düsseldorf bezogen wurde.

Bei den schweren Rahen konnte aufgrund des großen Durchmessers das Mannesmann-Walzverfahren nur bedingt angewendet werden. Stage und Pardunen stellte man aus Eisendraht her, der zum Teil einen Durchmesser von 5 3/4 Zoll hatte. Als Besegelung dienten drei vollgetakelte Masten, Fock- Groß- und Kreuzmast mit je einer Unterrah, doppelten Mars- und Bramrahen und einer Royalrah, insgesamt also je sechs Rahen. Der Besanmast trug einen unteren und einen oberen Besan sowie ein Gaffeltopsegel. Insgesamt hatten die Hauptsegel einen Flächeninhalt von 3.400 Quadratmetern.

Die Ballaststofffrage stellte ebenfalls einen besonders wichtigen Punkt bei der Konstruktion dar. In einem Doppelboden, von der Höhe der für Segler üblichen Bodenwrangen, sowie im hinteren Piektank konnten ca. 470 Tonnen Wasserballast eingenommen werden. Da diese Menge bei Ballastreisen jedoch nicht ausreichte, musste zusätzlicher Ballast in Form von Sand o. ä. eingenommen werden. Bei Ballastfahrt sollte der Propeller so tief im Wasser liegen, dass er auch bei Seegang noch gute Wirkung zeigte. Dies konnte durch die Trimmänderung des Wasserballastes erreicht werden, da der Doppelboden in mehreren Abteilungen unterteilt war.

Trotz Einbau des Motors, der dazu gehörenden Bunker, der Hilfsmaschinen, sehr umfangreicher Wohneinrichtungen, Mittellängsschott und Ballasttanks, konnte noch eine Gewichtsersparnis im Vergleich zu ähnlichen Segelschiffen erreicht werden. Diese ergab sich aus einer zweckmäßigen Anordnung der Verbände sowie durch Ersatz von schweren Bauteilen durch gleichwertige leichtere Bauteile. Auf die schwere hölzerne Bodenwegerung im Bereich der Laderäume wurde verzichtet. Sie wurde nur unter den Lukenschächten ausgeführt. Auch konnte auf dem Hauptdeck der Holzbelag gespart werden, da die Bedienung der Segel fast ganz von den Holz belegten Aufbaudecks erfolgte.

Neuartig war die Abstützung des Decks. Die Belastung der Decks wurde durch die Decksbalken auf ein eisernes Mittellängsschott übertragen. Im Bereich der Lukenlängssüllen als Unterzüge, die an den vier Ecken durch Rohrstützen abgestützt waren. Im Brückendeck ersetzten die durchlaufenden eisernen Schotten, welche die Wohnräume begrenzten, die Längsträger und machten die Unterzüge überflüssig. Die Laderäume waren daher frei von den sonst auf Segelschiffen üblichen Stützenreihen. Für Schüttgutladungen musste das Mittellängsschott unter den Luken durchgeführt werden. Im Bereich der Luken wurden große Flügeltüren, die ja nach Lukenlänge aus zwei oder vier Flügeln bestanden, eingebaut. Wenn sie nicht benutzt wurden, konnten sie an den festen Teil des Mittellängsschott herangeklappt werden. Beim Aufbau der Schotten wurden die Flügel nur aufgeklappt, verriegelt und mit Spannketten am Doppelboden und an den Süllen befestigt.

Durch die vielen neuen Konstruktionsmerkmale und Verbesserungen, die auf dem ganzen Schiff angewendet wurden, sowie durch die arbeitssparenden Vorrichtungen an Deck und die vorbildlichen Unterkünfte zählte diese Viermastbark zu den modernsten Einheiten der Weltsegelschiffsflotte.

Im März 1921 lief die Viermastbark vom Stapel und wurde auf den Namen MAGDALENE VINNEN getauft. Die Übergabe an die Vinnen-Reederei, die nach dem Verlust ihrer gesamten Flotte vor dem Nichts stand, hat mit der Indienststellung von fünf Fünfmastschonern einen kompletten Neubeginn gemacht.

Am 1. September 1921 lief die MAGDALENE VINNEN unter der Führung von Kapitän Lorenz Peters zu ihrer ersten Reise aus. Die Route führte von Bremen über Cardiff, wo Kohle geladen wurde, nach Buenos Aires. Trotz schlechter Wetterbedingungen dauerte die Fahrt von England nach Argentinien mit einer Kohleladung nur 30 Tage.

Transportiert wurde auf der MAGDALENE VINNEN alles, was damals den Wasserweg nahm: Neben der erwähnten Kohle aus Wales war es Schnittholz aus Finnland, Weizen aus Australien, Schwefelkies aus Italien und Stückgut aus Belgien. Nie musste die Viermastbark Ballast fahren.

Auf ihren Fahrten bewährte die MAGDALENE VINNEN sich als außerordentlich schneller Segler. Aber auch die Entscheidung, dieses Schiff mit einem Hilfsmotor zu versehen, erwies sich für die Navigation und Wirtschaftlichkeit des Schiffes als richtig. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 8 1/4 Knoten war der Motorsegler nur geringfügig langsamer als die Frachtdampfer und sparte bei gleichzeitig höherer Ladekapazität Brennstoff, da die Maschine nicht dauernd benötigt wurde. Auf der Fahrt nach Buenos Aires setzte man diese nur an 7 Tagen ein.

Für die Vinnen-Reederei machte die Viermastbark auch 2 Kap-Hoorn-Reisen nach Chile und nach Megillones. Bis zur letzten Reise unter der Vinnen-Flagge 1936 führten die Routen das Schiff nach Argentinien, Südafrika, Australien, Reunion und auf die Seychellen. Die letzte Reise des Frachtseglers unter der Vinnen-Flagge war 1936.

Aufgrund der guten Erfahrungen, die der Norddeutsche Lloyd seit mehr als dreißig Jahren mit der Ausbildung des Offiziersnachwuchses auf eigenen Schulschiffen gemacht hatte, wurde Mitte der dreißiger Jahre in der Reederei erwogen, wieder ein großes Rahsegelschiff zu erwerben, um es als Schulschiff in Dienst zu stellen. Als daher die Viermastbark MAGDALENE VINNEN im Frühjahr 1936 von einer ihrer La-Plata-Reisen heimkehrte und bekannt wurde, dass die Reederei Vinnen sich entschlossen hatte, das Schiff zu verkaufen, interessierte sich der Norddeutsche Lloyd sofort für diesen Segler.

Die eingehende Besichtigung des Viermasters ergab, dass man ein Schiff vor sich hatte, dessen bauliche Qualitäten und See-Eigenschaften direkt dazu herausforderte, aus ihm ein Segelschulschiff zu machen, war doch alles an ihm noch von solcher Güte und Stabilität, das es ohne weiteres möglich war, mit diesem Schiff auf lange Fahrt um Kap Horn zu gehen. Der Norddeutsche Lloyd Bremen kaufte daher am 9. August 1936 die MAGDALENE VINNEN und baute sie in der reedereieigenen Werft zum frachtfahrenden Schulschiff um. In der Hauptsache mussten zusätzlich Unterkunftsräume geschaffen werden, weil das Schulschiff neben seiner Stammbesatzung auf jeder Reise 50 bis 60 Offiziersanwärter mitnehmen sollte.

So konnte das neue Schulschiff des Norddeutschen Lloyd schon am 12. August 1936 in Bremen in Dienst gestellt werden, wobei es den Namen KOMMODORE JOHNSEN erhielt. Der Namenspatron war ein Mann, der sich durch Fleiß, Treue und Ausdauer vom kleinen Schiffsjungen zum Führer der schnellsten und größten Dampfer des Norddeutschen Lloyd EUROPA und BREMEN, und zum Kommodore der Lloyd-Flotte hochgearbeitet hatte. In Seefahrtskreisen wurde besonders die Absicht der Reederei anerkannt, das Schulschiff mit Ladung auf Reisen zu schicken. Der Lehrplan sah in erster Linie das gründliche Erlernen der praktischen Seemannschaft und des Ladungsdienstes vor. Auf dem Schulschiff KOMMODORE JOHNSEN sollten die jungen angehenden Seeleute und Kapitäne zwar mit der ganzen Schwere, aber auch mit den schönen Seiten dieses Berufes bekannt und vertraut gemacht werden.

Am 8. Oktober 1936 verließ die KOMMODORE JOHNSEN zum ersten Mal als Schulschiff Bremerhaven. Das mit Steinkohle beladene Schiff erreichte seinen Zielhafen Montevideo am 6. Dezember 1936 in nur 58 Tagen. 6.820 Seemeilen wurden dabei zurückgelegt. Am 8. Januar 1937 lief die Bark von Buenos Aires mit einer Ladung Weizen Richtung Heimat aus. Auf dieser Strecke geriet das Schiff in die wohl kritischste Lage in ihrer gesamten Laufbahn. Auf der Höhe der Azoren geriet die KOMMODORE JOHNSEN am 1. März 1937 in einen schweren Sturm, der sich zum Orkan auswuchs. Die an sich nicht außergewöhnliche Lage wurde aber bedrohlich, als sich das Schiff mit einer Schlagseite von 20 Grad nach Backbord neigte. In dem heftig tobenden Orkan hatte das Schiff schwer zu arbeiten. Da der Segler durch den nach Norden drehenden Wind anluvte, kamen von Backbordseite schwere Brechseen über das Deck, so daß das Vordeck mit den Luken und die achtere Kuhle unter Wasser standen.

Gegen 2 Uhr krängte die KOMMODORE JOHNSEN in haushohen Wellenbergen aus Nordwesten und einer mit fürchterlicher Gewalt einsetzenden Bö stark nach Backbord über. Aus dieser Schräglage richtete sich das Schiff nicht mehr ganz auf, sondern behielt eine Schlagseite von 20 Grad nach Backbord, die dann stündlich weiter zunahm.

Bei der Kontrolle der Ladung wurde festgestellt, dass diese nach Backbord übergegangen war, da das Mittellängsschott unter Luke III gebrochen war. Die gesamte Mannschaft versuchte die Ladung umzutrimmen. Trotz aller Bemühungen nahm die Schlagseite bis auf 50 Grad zu. Mannschafts- und Kadettenräume standen unter Wasser und auf dem Backborddeck befanden sich zeitweise 200 Tonnen Wasser. So wurde am Morgen des 3. März 1937 ein SOS-Hilferuf abgesandt. Bis zwei der Tanker, die den Seenotruf aufgefangen hatten, am Abend die KOMMODORE JOHNSEN erreichten, kämpfte die Mannschaft in ihrer verzweifelten Situation ums Überleben. Der holländische Dampfer SLIEDRECHT und das deutsche Tankmotorschiff WINKLER bemühten sich mit Erfolg um den Havaristen. Am Abend des 3. März 1937, nachdem die Tankdampfer auf der Wetterseite Öl zur Wellenberuhigung über Bord gegeben hatten und der Wind etwas abflaute, hatten die verzweifelten Arbeiten in den Laderäumen des Seglers Erfolg. Nach fast 24 Stunden konnten die Trimmarbeiten eingestellt und die beiden Tanker mit Dank entlassen werden. Man war noch einmal davongekommen! 15 Tage später lief die KOMMODORE JOHNSEN in Hamburg ein.

Am 1. April 1937 erhielt Gottfried Clausen das Kommando auf der KOMMODORE JOHNSEN. Er war bereits als 1. Offizier unter Kapitän Lehmberg gefahren und auf sein neues Amt vorbereitet worden. Auf 3 Weltreisen hatte Kapitän Clausen das Kommando. Von ihrer letzten Fahrt als Schulschiff für den Norddeutschen Lloyd kehrte die KOMMODORE JOHNSEN am 11. August 1939, wenige Wochen vor Kriegsausbruch, zurück. 1945 lag der Segler, zusammen mit der PADUA, in der Flensburger Förde. Am 20. Dezember 1945 wurde das Schiff von den Briten als Reparationsleistung an die Sowjetunion übergeben. Für den Eigner der Viermastbark, die UdSSR, wehte ab Januar 1946 die rote Flagge. Insgesamt hatte die Bark unter Lloyd-Flagge während der vier Reisen von 1936 - 1939 eine Strecke von 97.469 Seemeilen zurückgelegt. Das entspricht dem viereinhalbfachen Erdumfang.

Während des Krieges waren nur bedingt Ausbildungsfahrten möglich, obgleich man im letzten Ausbildungsjahr 1944 der Mannschaft mit "847 verschiedenen Segelmanövern in 125 Tagen" mehr zumutete als das auf herkömmlichen Reisen je der Fall war.

Am 01. März 1937 wäre die heutige SEDOV fast einem Orkan zum Opfer gefallen. Zu dieser Zeit fuhr das Schiff unter dem Namen KOMMODORE JOHNSEN als Schulschiff für den Norddeutschen Lloyd. Von diesem Tag sind einige Fotos erhalten, die während der Orkanfahrt an Deck gemacht wurden. Die Aufnahmen wurden uns freundlicherweise vom Ehepaar Barbara und Burkhard Hoffmann aus Berlin zur Verfügung gestellt. Der Vater von Frau Hoffmann, Herr Otto Wanitzek, fuhr auf dieser Reise als 2. Offizier unter dem Kommando von Kapitän Lehmann. Wir bitten, die teilweise schlechte Bildqualität einiger Fotos zu entschuldigen, die sich aus den dramatischen Umständen erklären, unter denen diese Aufnahmen entstanden.

Zwanzig Jahre später sank an fast gleicher Position, ebenfalls in einem schweren Orkan, das deutsche Segelschulschiff PAMIR.

Seit seiner Übernahme durch die Russen im Jahre 1945 trägt die Viermastbark den Namen des russischen Polarforschers Georgij Sedov, der 1914 bei einer Expedition in der Arktis ums Leben kam.

1952 bis 1957 diente die SEDOV als Schulschiff der sowjetischen Marine. Sie war zu mehreren Freundschaftsbesuchen in Südamerika und Afrika und wurde in dieser Zeit von verschiedenen Marinekapitänen kommandiert.

Von 1957 bis 1966 war sie als ozeanographisches Forschungsschiff im Nordatlantik eingesetzt. Auch auf diesen Fahrten wurden Kadetten der russischen Marine ausgebildet. In dieser Zeit wurde das komplette laufende Gut nach den originalen Riggplänen erneuert. 1966 ging die Sedov in den besitz des sowjetischen Fischereiministerium über. Ihr Liegeplatz wurde die Newa in Leningrad. Nach weiteren Ausbildungsfahrten im finnischen Meerbusen wurde bis 1981 aufwendig umgebaut und renoviert. Das Schiff verfügt nun über Unterkünfte für 240 Mann, die im ausgebauten Zwischendeck eingerichtet wurden. Besondere Attraktion und auf einem Segelschiff wohl einmalig dürfte der glasüberwölbte Festsaal mit Bühne sein, an den ein kleines Museum zur Geschichte des Schiffes und seines Namensgebers anschließt. Ein Film- und Videoraum mit Bar vervollständigen die Räume zur Freizeitgestaltung. Die einstigen Zwischendeck-Laderäume wurden für Schulungszwecke und als Unterrichtsräume hergerichtet. Das Schiff wird als reines Schulschiff eingesetzt. Die erforderliche Stabilität erhält es durch 500 Tonnen Ballast in fester Form und 1000 Tonnen in den Dopelbodentanks in Form von Ballast- und Trinkwasser sowie Brennstoff.

An der Besegelung hat sich nichts geändert. Sie ist mit 4.192 qm Segelfläche angegeben, die sich auf 3.117 qm Rah- und 1.075 qm Schratsegel verteilen. Gegenüber den 3.392 qm aus den alten Werftangaben ist das eine Steigerung von 800 qm, deren Herkunft nicht erklärlich ist. Von 1981 an gehörte sie zur "Baltic Division of Training Ships" und war in Riga beheimatet. Wie "Phönix aus der Asche" lief die SEDOV im August 1981 das dänische Horsens als ersten westlichen Hafen an. Inzwischen ist sie häufiger und gern gesehener Gast auf den verschiedenen Windjammertreffen. Im Mai 1982 besuchte sie überraschend anläßlich des 793. Hamburger Hafengeburtstag die Hansestadt. Hier stattete auch ihr alter Kapitän Gottfried Clausen "seinem" Schiff einen Besuche ab, wo er freundliche Aufnahme fand und von Kapitän Prevozchikov herzlich empfangen wurde. 1982 trafen sich die ehemaligen Lloyd-Kadetten anläßlich ihres Jahrestreffens auf der in Bremerhaven liegenden Bark. Den Besuch des Schiffes in seinem alten Heimatrevier nahm damals die Stadt Bremerhaven zum Anlaß, eine Ausstellung über die Geschichte der einstiegen KOMMODORE JOHNSON ex. MAGADELENE VINNEN zu veranstalten.

In einer Zeit, in der ein 25 Jahre altes Schiff bereits als veraltet und kaum noch einsetzbar gilt, ist es fast als Wunder anzusehen, dass die bald hundertjährige Viermastbark immer noch über See geschickt werden kann. Das ist neben den heutigen russischen Betreibern des Schiffes wohl sicher auch den damaligen Schiffbauern an der Kieler Förde zu verdanken.

Von 1991 bis 2017 war das Schiff der Murmansk State Technical University unterstellt. Dann wurde sie dem jetzigen Eigentümer, der KSTU, Kaliningrad State Technical University übertragen. Seit 1989 können Interessierte aus aller Herren Länder eine Ausbildungsfahrt auf der SEDOV mitmachen.

Mehr denn je ist die SEDOV eine Attraktion in allen Häfen der Welt. Als "schwimmendes Museum" zieht sie Tausende Besucher an. Die Liste ihrer Hafenbesuche liest sich wie eine Veranstaltungsliste von Großsegler-Treffen: Kieler Woche, SAIL Bremerhaven, HANSE-Sail Rostock, Hamburger Hafengeburtstag, Sail & Steam Wilhelmshaven, 700 - Jahrfeier der Grimaldis in Monaco, SAIL Amsterdam, Brest etc etc.

Die SEDOV trägt das Kürzel STS vor ihrem Namen. Die Abkürzung STS steht für Sail Training Ship – Segelschulschiff.

STS SEDOV wird von der Staatlichen Technischen Universität Kaliningrad (KSTU Kaliningrad State Technical University) betrieben.
Für bestimmte Studiengänge hat die Universität eine Zeit auf der SEDOV vorgesehen. Grundsätzlich steht das Schiff aber allen Fakultäten offen.
Die Studentinnen und Studenten reisen als Kadetten auf dem Schiff und erfahren auf dem Schiff eine solide und umfassende seemännische Grundausbildung, die ihnen in ihren späterem akademischen Berufsleben vielleicht nicht unmittelbar zu Nutze kommt, aber den Horizont erweitert, das Allgemeinwissen vertieft und stets verändernde Notwendigkeiten, Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Erfordernisse aufzeigt.

Praktische Handfertigkeiten werden bei Wind und Wetter an Deck und in den Masten („im Rigg“) vermittelt, die theoretischen Inhalte im schiffseigenen großen Saal.
An Bord lernen die Kadetten zudem Genügsamkeit und unter einfachen Verhältnissen zu leben. Für das Ausleben von Individualität und persönlichen Freiraum fehlen auf einem klassischen Segelschulschiff sowohl der Platz als auch die Zeit. Dafür erfahren die jungen Leute Gemeinschaft, Kameradschaft, Vertrauen zueinander zu finden und Verantwortung füreinander zu übernehmen. Viele Kadetten gehen nach ihrer Zeit auf der SEDOV als Freunde von Bord.

STS SEDOV ist ein ziviles Schiff unter russischer Flagge. Es untersteht nicht der russischen Marine, auch wenn die Bezeichnung ‚Kadetten‘ das zunächst vermuten lässt.

Ihre Ausbildungsfahrten für die KSTU haben die SEDOV in den letzten Jahren in alle Teile der Welt geführt. Überwiegend ist das Schiff jedoch in europäischen Gewässern unterwegs und dabei auch ein regelmäßiger und immer wieder gern willkommener Gast auf den großen Windjammer-Treffen.

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